Zeit für die professionelle Bewirtschaftung des Wohnungsbestands
Erstveröffentlichung im Fondsbuch 2025 von Dominik Barton
In den zurückliegenden „Boom-Jahren“ legten viele Marktteilnehmer ihren Fokus auf An- und zügige Abverkäufe und erzielten hieraus ihre Renditen. In der aktuellen Konsolidierungsphase müssen Asset-Manager ihre Erlöse vorrangig aus dem Bestand generieren. Welche Potenziale sich hieraus ergeben und wie sie zu heben sind, machen die nachfolgenden Ausführungen deutlich.
Bestandsbewirtschaftung, statt schneller Abverkauf
Die vergangenen „Boom-Jahre“ am Immobilienmarkt waren geprägt von niedrigen Zinsen, hoher Nachfrage und einem kontinuierlich stark ansteigenden Preisniveau in nahezu allen Asset-Klassen. Dementsprechend haben viele Marktteilnehmer ihr Geschäftsmodell auf den Erwerb und den zeitnahen Abverkauf ausgerichtet. Auf Grund der diametralen Veränderung der Marktlage ist indessen ein Richtungswechsel in der Investment-Philosophie zu beobachten. Dies erfordert ein Umdenken: Asset-Manager müssen sich wieder auf die Bewirtschaftung und Ertüchtigung des von ihnen administrierten Wohnungsbestandes konzentrieren, wie dies bei Asset-Managern mit langjähriger Erfahrung bereits der Fall ist, die vorausschauend und proaktiv agieren. Es gilt jetzt, mit Teil- bzw. Komplettrenovierungen in Wohnungen und Gebäuden diese zu optimieren, Mietanpassungen zu generieren, um „Upsidepotenziale“ zu heben.
Dafür gibt es mehrere Gründe: Im Gegensatz zu anderen Asset-Klassen, wie zum Beispiel Büroimmobilien, ist im Wohnbereich die Preisfindungsphase weit fortgeschritten. Zudem ist eine deutliche Nachfragesteigerung festzustellen, nicht zuletzt bedingt durch mangelnden Neubau, demografische Veränderungen und Einwanderung. In beinahe allen Regionen steigen seit vielen Monaten die Kaltmieten. Bestandswohnobjekte können durch die Konzentration auf eine Weiterentwicklung zu attraktiven Renditeobjekten entwickelt werden, da ihre Nutzungsdauer in der Regel länger ist als die von Gewerbe-, Retail- oder Logistikflächen.
Marktanalyse als Ausgangspunkt für den Umfang der Modernisierungsmaßnahmen
Eine grundlegende Voraussetzung ist dabei die Wirtschaftlichkeit der Modernisierungsmaßnahmen. Im Vorfeld gilt es zu ermitteln, in welchem Umfang im Anschluss an Modernisierungsmaßnahmen Mietpreissteigerungen möglich sind. Wie hoch sind die Durchschnittseinkommen im jeweiligen Umfeld, welche Steigerungspotenziale ermöglicht ein vorhandener Mietspiegel und sind die Maßnahmen geeignet, das Objekt als „Neubau“ zu qualifizieren?
Daraus ergeben sich für Investoren zwei Wahlmöglichkeiten: Option 1: Belegen Analysen, dass nach Modernisierungen auf Neubau-Niveau die Miete entsprechend angehoben werden kann, der „Return on Investment“ gegeben ist, sollte ein umfassendes Refurbishment angegangen werden. Option 2: Ein Modernisierungsplan sollte sich nur auf ausgewählte selektive Maßnahmen beziehen, sofern nach Abschluss der Marktanalysen keine adäquaten Mietsteigerungen, z.B. auf auskömmliche Neubaumieten, möglich sind, durch welche die Ausgaben amortisiert werden. Bei solchen Teilrenovierungen ist zumeist ein Fenster- und Heizungstausch angeraten, um die Attraktivität der Immobilie zu erhöhen und ggf. bei einem ESG-Scoring besser abzuschneiden.
Durchaus positiv dürften sich für modernisierungsbereite Bestandshalter im Verlauf des Jahres 2024 und 2025 noch folgende Entwicklungen auswirken. Zum einen haben sich die Zinsen stabilisiert, was zu einer größeren Planungssicherheit führt. Bei den in der jüngeren Zeit festzustellenden Preissteigerungsraten für Material- und Handwerkerleistungen ist eine Seitwärtsbewegung zu erkennen. Eine Reihe von Bauunternehmen, die vorranging im Bereich Neubau tätig sind, haben derzeit mehr Ressourcen für Bestandssanierungen bzw. Modernisierungen. Zudem gilt es zu prüfen, wo staatliche Förderinstrumente einsetzbar sind.
Fazit: Know-how des Asset-Managers ist unerlässlich bei Bestandsbetreuung
Festzuhalten bleibt, dass sich Wohnimmobilien im Vergleich zu anderen Anlageklassen als weitgehend krisenresistent erwiesen haben. Bei Neustrukturierungen von Portfolios werden Wohnimmobilien eine noch gewichtigere Rolle in der Asset-Allokation einnehmen, zulasten von Gewerbeimmobilien. Ferner zeigt der Transaktionsmarkt im Wohnungsbereich seit Frühjahr 2024 eine Belebung. Vor allem Bestände bis zu einem Kaufpreis von zehn bis zwölf Mio. Euro verzeichnen eine stärkere Nachfrage.
Asset-Manager sollten ihren Fokus künftig verstärkt auf das Wohnungsbestandsmanagement legen. Unerlässlich ist ein breit gefächertes, profundes Know-how und eine langjährige Erfahrung, da die Granularität, ferner die Komplexität bei der Erfassung der wirtschaftlichen Parameter und nicht zuletzt die Intensität der Betreuung der Bestandsmieter nicht unterschätzt werden dürfen.